👂🎴🕸️🧾
Wunder über Wunder:::

In einem gewissen Orte wohnte einmal ein Kaufmann namens Nanduka (der „Erfeuende“). Außerdem wohnte an demselben Orte ein Kaufmann namens Lakshmana (der „Glückliche“). Dieser, da er sein Vermögen verloren hatte, dachte daran, in die Fremde zu wandern. Es heißt auch: Wer in einem Ort oder Land nach seinen Mitteln froh gelebt hat, aber nach dem Verlust seines Vermögens immer noch dort bleibt, dann ist er gemeinen Sinns. Und so: Wer vorher erst mit stolzem Sinn lange Zeit vergnügt an einem Ort verbracht hat, und dann elendig an ebendiesem Ort anderen etwas vorklagt, der ist tadelnswert. In seinem Hause befand sich nur noch eine von seinen Vorfahren erworbene, aus einer schweren Menge Eisen verfertigte Waage. Diese gab er zum Aufbewahren in das Haus des Gildeherrn Nanduka und machte sich auf den Weg in die Fremde. Nachdem er darauf lange Zeit, seiner Lust folgend, in der Fremde umhergewandert war, kehrte er nach seiner Heimat zurück und sprach zum Gildeherrn Nanduka: „Oh Gildeherr! Gib mir die anvertraute Waage zurück!“ Jener aber sagte: „Oh, die ist nicht mehr da! Deine Waage haben die Mäuse gefressen.“ Nachdem er dies gehört, sprach Lakshmana: „Oh Nanduka! Wenn sie von den Mäusen gefressen wurde, so bist du außer Schuld. So ist ja einmal der Lauf der Welt: Es ist nichts in ihr ewig. Doch ich will zum Fluß gehen, um mich zu baden. Schicke deshalb dein Kind mit mir, das den Namen Dhanadeva („Gott des Reichtums“) führt, damit er mir das Badezeug trägt.“ Nanduka aber, der sich aus Angst wegen seines Diebstahls vor Lakshmana fürchtete, sagte zu seinem Sohn: „Kind! Dein Onkel Lakshmana will in den Fluß zum Baden gehen. Geh deshalb mit ihm, um das Badezeug zu tragen!“ Ach! Mit Recht sagt man: Kein einziger Mensch erweist einem andern irgend Gefälligkeit, ausgenommen aus Furcht, Habsucht oder aus einem anderen Grund. Und so: Wo ohne einen Grund übermäßige Rücksicht erwiesen wird, da hege man nur gleich Sorge, daß es am Ende schlimm ergeht. Darauf machte sich dieser Sohn des Nanduka vergnügten Sinns mit dem Badezeug und Lakshmana auf den Weg. Nachdem dies so geschehen, badete sich Lakshmana. Dann warf er Dhanadeva, den Sohn des Nanduka, in eine Höhle am Ufer des Flusses, verschloß die Öffnung derselben mit einem großen Stein und ging dann eilig zu Nandukas Haus. Hier wurde er von diesem Kaufmann gefragt: „He Lakshmana! Sprich! Wo ist mein Kind, welches mit dir zum Fluß gegangen ist?“ Jener sagte: „Es ist vom Ufer des Flusses durch einen Falken entführt worden.“ Der Kaufmann rief: „Du Lügner! Wie in aller Welt kann ein Falke einen Knaben rauben? Drum gib mir meinen Sohn zurück, sonst zeige ich es am Hofe des Königs an!“ Jener sagte: „Oh du Wahrheitsredender! Führt ein Falke keinen Knaben weg, so fressen auch Mäuse eine aus schweren Eisen verfertigte Waage nicht. Drum gib mir meine Waage, wenn du nach deinem Sohn verlangst!“ So miteinander zankend, gingen sie alle beide zur Pforte des Königs, und da sprach Nanduka mit lautem Geschrei: „Oh! Eine Ruchlosigkeit, eine Ruchlosigkeit geht da vor! Dieser Dieb hat mir mein Kind geraubt!“ Darauf sagten die Richter zu Lakshmana: „He! Liefere des Gildeherrn Sohn zurück!“ Dieser antwortete: „Was kann ich tun? Vor meinen Augen ist er durch einen Falken vom Ufer des Flusses entführt worden.“ Als sie dieses gehört hatten, sagten sie: „Ach! Du sagst nicht die Wahrheit. Wie wäre ein Falke fähig, einen fünfzehnjährigen Knaben zu rauben?“ Lakshmana antwortete lachend: „He! He! Hört diesen Spruch: Wo Mäuse tausend Pfund Eisen fressen, da kann selbst dem Falken ein Elefant zum Raub werden, geschweige denn ein Jüngelchen.“ Diese fragten: „Wie ist das gemeint?“ Und Lakshmana erzählte die ganze Geschichte mit der Waage. Nachdem sie diese gehört, lachten sie über das, was Nanduka und Lakshmana getan hatten, verständigten beide miteinander und machten, daß sie sich durch gegenseitige Auslieferung der Waage und des Knaben einander zufriedenstellten. Daher sage ich: Wo Mäuse tausend Pfund Eisen fressen, da kann selbst dem Falken ein Elefant zum Raub werden, geschweige denn ein Jüngelchen.“ Karataka sagte ferner: „Diese Lage des Pingalaka hast du, Tor! herbeigeführt, weil du die Gunst des Sanjivaka nicht ertragen konntest. Ach, mit Recht sagt man: Gewöhnlich werden in dieser Welt die Hochgeborenen von Niedriggeborenen, die Lieblinge des Glücks von Unglücklichen, der Freigebige vom Geizigen, der Redliche vom Unredlichen, der im Reichtum Lebende vom Armen, der Schöngestaltete von dem durch Mißgestalt Geschlagenen, der Gerechte von dem Bösewicht und der in vielen Wissenschaften Erfahrene von dem Toren stets getadelt. Und so: Die Weisen werden von Toren gehaßt, die Reichen von dem armen Mann, die Frommen von den Gottlosen und das keusche Weib von den Unkeuschen. Der Mensch erlangt Tugenden durch den Umgang mit den Guten, Sünden durch den Umgang mit Schlechten, gleichwie der Wind, verschiedene Länder durchstreichend, bald liebliche, bald üble Gerüche aufsammelt. Wie zwei Vögel sind wir beide, die bei gleicher Mutter und gleichem Vater unterschiedlich wurden; denn der eine wuchs bei Brahmanen auf, der andere bei Kuhfleischessern. Fortwährend hat der eine der Kuhfleischesser Worte gehört, der andere aber stets die Reden der Weisen. Durch Umgang wird Tugend oder Sünde erzeugt. Da fragte Damanaka „Wie war das?“, und Karataka erzählte: